Angesichts der akuten Verbreitung des Coronavirus ruft das Land Bayern den Katastrophenfall aus. Diese Maßnahme gilt (Stand 16.03.2020) vorerst für zwei Wochen. Ministerpräsident Markus Söder sagte dazu: „Vorteil des Katastrophenfall sei, dass ein gemeinsames, koordiniertes Vorgehen der Behörden möglich sei.“ (Quelle: Tagesschau)
Durch die Ausrufung des Katastrophenfalls erhalten die zuständigen Behörden weitere Befugnisse zur Gefahrenabwehr. So können zum Beispiel (ohne Mitwirkung der Polizei) Platzverweise ausgesprochen werden oder Gebiete gesperrt werden. Auch können Personen zur Mitwirkung verpflichtet werden oder Ausrüstungen beschlagnahmt werden.
Coronavirus SARS-CoV-2: aktuelle Hinweise für Einsatzkräfte
Bayerisches Katastrophenschutzgesetz
Rechtliche Grundlage für den Katastrophenfall ist das Bayerische Katastrophenschutzgesetz (BayKSG) vom 24. Juli 1996. Darin sind sowohl die Definition und Rahmenbedingungen für eine Katastrophe geregelt als auch die Zuständigkeiten.
Grundsätzlich ist die Gefahrenabwehr Aufgabe der Kommunen. Im Katastrophenfall kann sich dies ändern.
Artikel 1 des BayKSG definiert die Aufgabe:
(1) Die Katastrophenschutzbehörden haben die Aufgabe, Katastrophen abzuwehren und die dafür notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen (Katastrophenschutz).
Art. 1 BayKSG
(2) Eine Katastrophe im Sinn dieses Gesetzes ist ein Geschehen, bei dem Leben oder Gesundheit einer Vielzahl von Menschen oder die natürlichen Lebensgrundlagen oder bedeutende Sachwerte in ungewöhnlichem Ausmaß gefährdet oder geschädigt werden und die Gefahr nur abgewehrt oder die Störung nur unterbunden und beseitigt werden kann, wenn unter Leitung der Katastrophenschutzbehörde die im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden, Dienststellen, Organisationen und die eingesetzten Kräfte zusammenwirken.
Die Rede ist also von den Katastrophenschutzbehörden. Diese werden im Artikel 2 beschrieben:
(1) Katastrophenschutzbehörden sind die Kreisverwaltungsbehörden, die Regierungen und das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr. Kreisangehörige Gemeinden, die während einer Katastrophe ohne Verbindung mit der Kreisverwaltungsbehörde sind, nehmen in dieser Zeit die Aufgaben der Katastrophenschutzbehörde wahr.
Art. 2 BayKSG
Die Zuständigkeit für das Feststellen einer Katastrophe ist ebenfalls gesetzlich definiert, im Artikel 4:
(1) Die Katastrophenschutzbehörde stellt das Vorliegen und das Ende einer Katastrophe fest. Die Feststellung soll unverzüglich der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden.
Art. 4 BayKSG
(2) Die Katastrophenschutzbehörde hat die Aufsichtsbehörde und, soweit notwendig, auch die benachbarten Katastrophenschutzbehörden unverzüglich zu unterrichten.
Wesentlich betroffen vom Feststellen einer Katastrophe ist die Verantwortung bzw. die Einsatzleitung. Dazu formuliert der Artikel 5:
(1) Die Katastrophenschutzbehörde leitet den Einsatz und stellt dabei sicher, daß alle Maßnahmen aufeinander abgestimmt sind. Sie kann allen für den Einsatzbereich zuständigen staatlichen Behörden und Dienststellen der gleichen oder einer niedrigeren Stufe, mit Ausnahme der obersten Landesbehörden, Weisungen erteilen. Das gleiche gilt gegenüber den sonstigen zur Katastrophenhilfe Verpflichteten und den eingesetzten Kräften. Das Sachweisungsrecht übergeordneter Fachbehörden bleibt unberührt.
Art. 5 BayKSG
(2) Leisten Kräfte des Bundes oder anderer Länder Katastrophenhilfe, so unterstehen auch sie für die Dauer ihrer Mitwirkung den Weisungen der Katastrophenschutzbehörde.
Somit übernimmt bei einer Katastrophenlage die Katastrophenschutzbehörde, also das Landratsamt, die Koordination der Einsätze der verschiedenen Rettungs- und Hilfsorganisationen.
In Medienberichten ist aktuell häufig die Rede von der örtlichen Einsatzleitung oder dem örtlichen Einsatzleiter. Eine Definition dazu enthält der Artikel 6:
(1) Die Katastrophenschutzbehörde soll für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben am Schadensort eine den Einsatz dort leitende Person (Örtlicher Einsatzleiter) bestellen. Diese leitet im Rahmen des Auftrags und der Weisungen der Katastrophenschutzbehörde alle Einsatzmaßnahmen vor Ort und kann allen eingesetzten Kräften Weisungen erteilen.
Art. 6 BayKSG
(2) Die Katastrophenschutzbehörde soll vorab fachlich geeignete Personen als Örtliche Einsatzleiter benennen.
Aufbau des Katastrophenschutzes in Bayern
Der Katastrophenschutz baut im Wesentlichen auf den Einsatzkräften der Feuerwehren, der freiwilligen Hilfsorganisationen und des Technischen Hilfswerks THW auf. Ergänzend sind alle Behörden und Dienststellen des Freistaates Bayern, die Gemeinden, die Landkreise und die Bezirke, die sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege zur Katastrophenhilfe verpflichtet.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration hat zum Katastrophenschutz in Bayern einige Details gesammelt:
„Daten und Fakten zum Katastrophenschutz:
Wussten Sie schon, dass
- wir in Bayern 450.000 Einsatzkräfte bei den Feuerwehren, freiwilligen Hilfsorganisationen und beim THW haben?
- davon 430.000 ehrenamtlich tätig sind?
- dies bundesweit die höchste Quote an Einsatzpotential ist?
- es über 16.000 Feuerwehrfahrzeuge in Bayern gibt?
- allein im Rettungsdienst rund 1.200 Fahrzeuge und 13 Hubschrauber für den Einsatz zur Verfügung stehen?
- den Kommunen, Hilfsorganisationen und Verbänden im Jahr 2012 rund 54 Millionen Euro, zum Beispiel für Fahrzeuge und technische Ausstattung zur Verfügung gestellt wurden?
- beispielsweise die Gemeinden und Landkreise vom Bayerischen Innenministerium beim Erwerb von Feuerwehrfahrzeugen und bei der Errichtung von Feuerwehrgerätehäusern in den letzten zehn Jahren mit über 330 Millionen Euro unterstützt wurden?
- beginnend mit dem Doppelhaushalt 2009/2010 darüber hinaus auch ein bayerisches Investitions- und Beschaffungsprogramm für den Katastrophen-schutz mit über 40 Millionen Euro zur Finanzierung von Einsatzfahrzeugen und wichtige Ausrüstungsgegenständen der Feuerwehren und der freiwilligen Hilfsorganisationen aufgelegt wurde?
- in Bayern über 300 Piloten mit 150 Flugzeugen und 5 Hubschraubern der Luftrettungsstaffel Bayern e.V. für Luftbeobachtung zur Verfügung stehen?“
Quelle: Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration