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Feuerwehr protestiert gegen diskutierte Abschaffung der hauptamtlichen Kräfte

Die Stadt Zittau (Landkreis Görlitz, Sachsen) kämpft derzeit mit einer schwierigen Verfassung des kommunalen Haushaltes. In vielen Bereichen werden Einsparpotenziale gesucht. Auch vor der Feuerwehr macht die Diskussion nicht halt.

In einem Entwurf für einen Maßnahmenkatalog, der im Stadtrat diskutiert wurde, sind folgende Punkte aufgeführt:

  • „Neustrukturierung der Feuerwehr“ und
  • „Änderung der Dienstzeiten für hauptamtliche Kräfte“ 

Die Feuerwehr berichtet dazu, dass nach Umsetzung dieser Maßnahmen die hauptamtliche Funktionsbesetzung der Feuerwehr entfallen würde.

Zittau ist eine Stadt mit rund 25.000 Einwohnern, gelegen im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien. 1990 lag die Einwohnerzahl noch bei rund 35.000.

Die Freiwillige Feuerwehr setzt sich aus sechs Einheiten sowie den hauptamtlichen Kräften zusammen.

Ehemalige Berufsfeuerwehr

Bis 1990 verfügte Zittau, wie viele andere vergleichbare Kommunen in der DDR, über eine Berufsfeuerwehr. Die Berufsfeuerwehr wurde 1990 aufgelöst. Einige Kräfte konnten damals für eine hauptamtliche Wachbereitschaft übernommen werden. Seitdem ist die Feuerwehr rund-um-die-Uhr mit hauptamtlichen Einsatzkräften besetzt.

Aktuell beträgt die Mindeststärke 6 Einsatzkräfte.

In Zittau ist die Diskussion also anders als in vielen anderen Kommunen. Hier ist die Fragestellung, ob die hauptamtlichen Kräfte weiterhin erforderlich sind. In vielen anderen Kommunen, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg, lautet die Frage, ob nicht mittlerweile eine Entlastung der ehrenamtlichen Kräfte erforderlich ist.

Protest der Feuerwehr bei Facebook und Stadtrat

Die Feuerwehr äußert Protest gegenüber den Maßnahmen, die die Feuerwehr betreffen. Unter anderem wurde auf Facebook ein Beitrag veröffentlicht:

Der Oberbürgermeister hat den Post kommentiert und weitere Details bzw. Rahmenbedingungen genannt.

Die Sitzung des Stadtrates im Mai wurde mit vielen Feuerwehrangehörigen besucht.

Protest vor dem Rathaus, Quelle: Feuerwehr Zittau

Wird die Diskussion richtig geführt?

So verständlich der Widerstand der Feuerwehr auch ist, stellt sich uns die Frage, ob die Gegenrede mit den richtigen Argumenten geführt wird.

Wesentliche Argumentation ist, dass durch die Abschaffung der hauptamtlichen Wachbesetzung die Feuerwehr einige Minuten später die Einsatzstelle erreicht. Unterstützt wird die angebliche Bedeutung der Zeitdifferenz durch einen Verweis auf ein Video, dass die Entstehung eines Zimmerbrandes zeigt.

Nun ist es bei vielen Einsätzen sicher unbestreitbar, dass die Rettungschancen, ob für Menschen, Tiere oder Sachwerte, höher sind, je früher die Einsatzkräfte vor Ort sind. Nur wenn das der einzig relevante Faktor wäre, müsste dann nicht in jeder Kommune eine hauptamtlich besetzte Feuerwache vorgehalten werden?

Wir möchten (und können mangels Fakten auch gar nicht) bewerten, ob der Entfall der hauptamtlichen Wache fachlich vertretbar wäre. Vielleicht wäre es der Diskussion zuträglich, andere (vielleicht) wichtige Faktoren einzubeziehen. Vielleicht können die rund 170 Alarmierungen bisher in 2019 (schnelle Auszählung der Homepage, ohne Garantie) dauerhaft gar nicht von rein ehrenamtlichen Kräften geleistet werden. Oder vielleicht sind montags bis freitags tagsüber zu wenige Kräfte um Stadtgebiet, um die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr darstellen zu können.

All dies, und noch weitere Aspekte, wären vielleicht zielführender für die Diskussion als der implizite Hinweis auf die pauschale Gefährdung von Menschenleben.

Die Entscheidung des Stadtrates hinsichtlich der Feuerwehr wurde, dem Vernehmen nach, zurückgestellt, bis ein aktueller Feuerwehrbedarfsplan vorliegt. Sicher keine schlechte Entscheidung.

Spendensammlung für Mannschaftstransportwagen

Die fehlenden Haushaltsmittel sorgen auch bei der Einheit Eichgraben der Feuerwehr Zittau für eine öffentlichkeitswirksame Aktion: die Einheit sucht finanzielle Unterstützung für die Anschaffung eines Mannschaftsransportwagens. Bislang verfügt die Einheit über ein TSF-W, mit dem nicht alle 16 Einsatzkräfte ausrücken können.

Doch auch diese Aktion findet anscheinend nicht die ungeteilte Unterstützung der Öffentlichkeit, die Presse titelt: „Zittauer Feuerwehr bettelt jetzt öffentlich„.